Die erste Steuerung

Im Juli 1981 konnte auf der geschlossenen Doppelspur gefahren werden, im Juni 1983 auch auf der Einspur. Die komplexe Anlage verlangte nach einer leistungsfähigen Steuerung. Die meisten damaligen Steuerungen waren in aufwändiger Relaistechnik realisiert und bei Änderungen der Gleisanlage waren auch die Anpassungen mit erheblichem Aufwand verbunden. Die aufkommende Mikroprozessortechnik mit ihrer leicht zu ändernden Programmierung der eisenbahntechnisch erforderlichen Funktionen vereinfachte solche Änderungen. Dank Kenntnissen eines Mitgliedes in dieser Technologie wurde für den Bahnhof Kirschwil ein Mikroprozessor (µP) gesteuertes Drucktasten-Spurplanstellwerk entworfen und produziert. Die Steuerung wurde durch ein modulares, elektronisch gesteuertes Blocksystem ergänzt und die ganze Anlage durch 2 IBM 360 Speisegeräte versorgt. Im Mai 1986 konnten die ersten Fahrstrassen gestellt werden.


 

 

 

 


Erstes Stellpult Kirschwil

Die zweite Steuerung

Obwohl die Steuerung von 1986 im Bahnhof Kirschwil jahrelang recht gute Dienste leistete, zeichnete sich aus verschiedenen Gründen ab, dass eine gleiche Steuerung für den grossen Bahnhof Hofstadt nicht in Frage kam. Die Generalversammlung (GV) 1995 bewilligte daher einen Planungskredit für eine neue Steuerung der gesamten Anlage. Damals erschienen die ersten Computer-Modellbahnsteuerungen auf dem Markt. Da immer öfter Probleme mit der µP-Steuerung auftauchten, wurde die Suche intensiviert. Die GV 1997 beschloss die Anschaffung einer PC-gestützten Steuerung für Fr. 25'000.-. Die Finanzierung erfolgte weitgehend durch Spenden der Mitglieder. Im Oktober 1998 führte ein Ausfall der µP-Steuerung zur vollständigen Lahmlegung von Kirschwil. Wir hatten uns inzwischen entschlossen, eine IBM-PC gestützte Steuerung von Gahler & Ringstmeier (G+R) anzuschaffen. Der Ausfall führte zu einer Beschleunigung der Arbeiten. Dabei musste nicht nur die neue Steuerung zusammengebaut, sondern auch die Verdrahtung der Anlage komplett ersetzt werden. Die Unterbringung der Elektronik und die Installation zur Signalverteilung erforderten auch den Aufbau eines neuen Leitstandes. Für die Energieversorgung mussten die beiden IBM 360 Speisegeräte vollständig umgebaut und mit neu zu entwickelnden, stabilisierten Speisegeräten für 20V/20A ergänzt werden. Dank enormer Anstrengung der Beteiligten konnten nach nur 20 Monaten im März 2000 die ersten Züge verkehren.

      
Leitstand mit G+R Steuerung                  Stellpulte der Bahnhöfe                     Speisegeräte 20V/20A

Die G+R Steuerung umfasste:

75 Blockabschnitte 449 Fahrstrassen
36 Hilfsblöcke 3 Fahrpulte
140 Belegtmelder 2 Stelltische
108 Weichen 4 PC
37 Signale 2 Fahrstromgruppen
35 Zwergsignale 10 Speisegeräte 20V20A und Hilfsspeisegeräte

Die totale Kabellänge betrug circa 45 km. Allein im Stellwerkturm gab es über 7000 Lötstellen. Die Signale wurden im Sommer 2003/04 aufgestellt und an die Steuerung angeschlossen. Die neue Steuerung wurde innert 20 Monaten geplant, gebaut, programmiert und in Betrieb genommen (Vorabklärungen nicht gerechnet).

Stromversorgung:    20V Gleichstrom (2-Leiter) mit 2 vollständig getrennten Stromkreisen.

Möglicher Fahrbetrieb:

Doppelspur 12 - 14 Züge
Einspur           4 Züge
Schmalspur           3 Züge
Bergbahn           2 Züge
Total 21 - 23 Züge

Obwohl der ganze Betrieb vollautomatisch abgewickelt werden konnte, verzichteten wir in der Regel auf diesen "Komfort". Die beiden Fahrdienstleiter an den Stelltischen in Hofstadt und Kirschwil steuerten den Betrieb über die entsprechenden Tasten und erteilten dadurch dem Computer die Befehle. Dieser steuerte die Weichen und Signale, verwaltete die Blockbelegungen und fuhr die Zugskompositionen.

Die dritte Steuerung: Digitalisierung

Warum Umsteigen auf Digitalsteuerung?

Weil die G+R-Steuerung zunehmend Ausfälle entwickelte, die Software auf DOS basiert war, was zu Schwierigkeiten führte, und weil auch die Lieferung von Ersatzteilen nicht gewährleistet erschien, beschlossen die Mitglieder an einer ausserordentlichen Versammlung im Juni 2019, sich näher mit den Möglichkeiten einer digitalen Steuerung der BMC-Anlagen zu befassen. Im Sinne eines Versuchs wurden die im Umbau befindliche 0m-Anlage (Schmalspurbahn) und das in der Stadt Grappino vorgesehene Tram als erste mit einer digitalen Steuerung ausgestattet. Als die Schmalspurbahn und das Tram den Betrieb in Kirschwil/Grappino im Herbst 2019 aufnahmen, wurden sie bereits digital gesteuert. Die Erfahrungen waren durchwegs positiv.

Bei digital gesteuerten Anlagen liegt an den Gleisen eine konstante Versorgungsspannung (Fahrspannung) an. Weil die Züge dauerhaft mit Strom versorgt werden, brennen bei einem Halt (anders als bei analog gesteuerten Anlagen) die Stirnbeleuchtung der Lokomotiven und die Wagenbeleuchtungen weiter. Die Fahrregelung erfolgt anders als bei Analog-Steuerungen nicht über die Versorgungsspannung, sondern über Digitalsignale, die in der Fahrspannung „versteckt“ mitgeschickt werden. Diese Digitalsignale werden von einem in der Lok eingebauten Digitaldecoder entschlüsselt und in Fahrbefehle für die Lok umgesetzt. Die Digitalsignale beinhalten immer auch eine Adresse. Und jeder Decoder reagiert nur auf Befehle, die für seine Adresse bestimmt sind. Weil man viele verschiedene Befehle mit vielen verschiedenen Adressen versehen und in ein und dasselbe Gleis einspeisen kann, können viele verschiedene Loks unabhängig voneinander auf dem gleichen Gleis fahren. Obendrein kann man nicht nur Fahrbefehle, sondern auch Kommandos zum Schalten von Licht, Telex-Kupplungen, Sound usw. in das Gleis einspeisen. D.h. man kann digital in den Loks viele Funktionen schalten, die analog nicht möglich wären.

Dadurch, dass jede Lokomotive einzeln und unabhängig via Decoder adressiert werden kann, ist auf ein- und demselben Stromkreis echter Mehrzugbetrieb möglich. Das Fahrverhalten der einzelnen Züge kann zudem viel präziser und vorbildgerechter gesteuert werden als bei der analogen Steuerung. Und schliesslich: Digital fahren macht einfach mehr Spass!  

 

GV beschliesst Umstellung

Die Mitgliederversammlung vom Februar 2020 beauftragte daher den Vorstand sowie zwei fachkundige Clubmitglieder, ein Konzept samt Kostenvoranschlag für eine vollständig digitale Steuerung der Anlage zu erarbeiten. Kurz darauf brach die Corona-Epidemie aus. Dies führte zu einer teilweisen Schliessung des Clubs, nicht aber zu einem Stillstand der Arbeiten. Das gewünschte Konzept lag bereits im Sommer 2020 vor. Eine ausserordentliche Mitgliederversammlung stimmte ihm im September 2020 zu und bewilligte für die Umsetzung einen Kredit von Fr. 18'000. Das Konzept sah vor, ohne Verzug den Umbau auf die neue Steuerung vorzubereiten und nach den Vorführungen im Winter 2020, d.h. im Januar 2021, die G+R Steuerung ausser Betrieb zu nehmen. Corona verunmöglichte zwar öffentliche Vorführungen in den Wintern 2020/21 und 2021/22, nicht aber die Verwirklichung des beschlossenen Konzepts. Vielmehr wurde, unter Einhaltung der coronabedingten Auflagen, fleissig gearbeitet, und es gelang, schon im Verlauf von 2021 die Digitalisierung der grossen Spur 0-Anlage bedeutend vorwärts zu bringen. Auch 2022 wurde intensiv an der Digitalisierung gearbeitet, und so sind wir in der glücklichen Lage, die neue Steuerung anlässlich der Vorführtage im Dezember 2022 einzuweihen.


Hauptkomponenten

Die neue Steuerung ist in zwei Kreisen aufgebaut. Der eine Kreis dient nur dem Fahren, dem zweiten nur für Schalten und Melden. Die Steuerung enthält folgende Hauptkomponenten:

  • Zwei Zentralen (eine für Fahren, eine für Schalten und Melden), basierend auf dem Datenformat DCC (Digital Command Control), der Firma Lenz. Sie sind das Herz des Digitalsystems, in dem die Datensignale erzeugt und aufbereitet werden.
  • Einen Rechner (Windows PC + drei Bildschirme), von dem aus wir den Zentralen die Fahraufträge und weitere Befehle übermitteln können. Zu diesem Zweck ist auf dem PC eine entsprechende Software installiert, in unserem Fall Railroad TrainController Gold (Version 9) der Firma Freiwald. Die Verbindung zwischen Rechner und Zentrale wird über zwei Digital plus-Interfaces hergestellt, wie die Zentrale ein Produkt von Lenz. Die erwähnte Software erlaubt auch eine Steuerung der Anlage bzw. einzelner Fahrzeuge von kabellosen Geräten (z.B. einem Smartphone oder einem SmartHand Mobile) aus, die mit dem Rechner über WLAN verbunden sind. Das WLAN besteht aus 3 Wireless Routern, die im Raum verteilt wurden. Die PC Software stellt Gleisbildstellwerke auf dem Bildschirm dar, überwacht und sichert die Fahrstrecken und lässt die Züge passend vor Signalen halten.
  • Fünf Doppel-Booster verstärken die von der Zentrale erzeugten Datensignale (Fahren) auf ein Mass, das zum Betrieb der Loks reicht und speisen sie zusammen mit dem Fahrstrom in das Gleisnetz ein. Die Booster sind eine Art Verstärker. Jeder Booster versorgt seinen eigenen Teil der Gesamtanlage.
  • Zahlreiche Decoder dienen dazu, die Datensignale zu entschlüsseln. Es gibt unterschiedliche Decoder für unterschiedliche Aufgaben. An erster Stelle zu nennen sind die Lokdecoder, welche die Fahrbefehle der Zentrale so umsetzen, dass die Loks den Wünschen der Benutzer entsprechend fahren. Andere Decoder dienen dazu, Weichen, Signale, Beleuchtungen usw. zu steuern. Auf unserer Anlage werden die Weichen und Signale sowie ihre Decoder wie erwähnt nicht über das Gleisnetz mit Strom versorgt, sondern über einen zweiten, unabhängigen Stromkreis (Schalten).
  • Weiter ist für die Steuerung eine Rückmeldung der Gleise bzw. Gleisabschnitte notwendig. Diese Rückmeldung stellt quasi die Augen des Rechners (PC) dar und erfolgt mit Belegtmeldern, welche den Strom in den einzelnen Gleisabschnitten messen und diese Messung an den PC weiterleiten. Sie zeigt dem PC, welcher Zug sich wo befindet (und wenn die einzelnen Wagen entsprechend vorbereitete Achsen haben, erkennt der Rechner auch, wenn auf einem Gleis ein verloren gegangener Wagen steht ...). Wir verwenden als Rückmeldesystem den LocoNet Bus, Belegtmelder vom Typ XN (Firma Blücher-Elektronik) und zwei Loco-Buffer Interfaces (RR-CirKits) für die Verbindung zum PC.

Die Booster, Weichen- und Signaldecoder und die Belegtmelder sind dezentral in fünf Racks auf der Anlage verteilt. Damit das alles funktioniert, ist bzw. war auch eine komplette Neuverdrahtung auf zentrale Klemmen in den Racks der Anlage erforderlich, dies nicht nur im Hinblick auf eine gute Versorgung mit Strom, sondern auch, um die Weichen zuverlässig schalten zu können und zuverlässige Rückmeldungen über die besetzten Gleisabschnitte zu erhalten.